Montag, 16. April 1945
"Schlacht um Berlin"
Beginn der großangelegten Offensive auf Berlin. An den Seelower Höhen stehen 1 Million Rotarmist*innen vor den Toren der „Reichshauptstadt“. Während die NS-Führung immer noch den „Endsieg“ propagiert und junge sowie alte Berliner*innen zum „Volkssturm“ einzieht, müssen deutsche und ausländische Zivilist*innen Schützengräben ausheben und Barrikaden errichten. Bei vielen Zwangsarbeiter*innen in der Stadt wächst die Hoffnung auf ein baldiges Ende des Krieges. Der ehemalige französische Zwangsarbeiter Marcel Elola erinnert sich:
„Ab einem ganz bestimmten Moment wussten wir, daß die Russen kommen würden. Ihre Jäger beschossen stellenweise im Tiefflug die Straßen… Es ist überflüssig zu sagen, daß die Angst der Berliner ihren Höhepunkt erreicht hat. Alles was die Wehrmacht, die SS und die Gestapo während der letzten fünf Jahre andere hat ertragen lassen, kam jetzt wie ein Boomerang zu ihnen zurück. Die überlebenden Deutschen glaubten, alle erschossen, gefoltert oder nach Sibirien geschickt zu werden. Insgesamt hatten sie ja auch nicht ganz Unrecht mit dieser Vorahnung. Als die Russen kamen, haben manche von ihnen die Kriegsgesetze so wenig respektiert, wie es die Deutschen einige wenige Jahre zuvor bei Ihnen getan hatten.“
„Anfang April 1945 gibt es überall in der Stadt Explosionen. Es sind die russischen Granaten, die auf die Hauptstadt des Dritten Reiches niederprasseln. Kein Deutscher will sich das eingestehen. Das ist nicht das, was man ihnen im Radio erzählt. Wohl oder übel muß man sich jedoch irgendwann den Tatsachen stellen. Die Rote Armee steht vor den Toren Berlins.“
„Viele Leute werden auf dem Weg zur Arbeit in den Straßen getötet. ‚Arbeit‘ ist übertrieben. Sagen wir einmal, daß sie sich wie Roboter zu dem Ort ihrer Arbeitsstelle begeben, sofern dieser noch existiert. Die Stromversorgung ist mit immer kürzeren Abständen unterbrochen. Man kann nicht mehr arbeiten.“
(Quelle: Marcel Elola: „Ich war in Berlin“. Ein französischer Zwangsarbeiter in Deutschland 1943-1945, Berlin: Divers Gens/Edition Berliner Unterwelten, 2005, S. 88f.)