1945 NS-Zwangslager in Berlin

Zu ende, aber nicht vorbei

Ugo Brilli über seine Befreiung und die Bedeutung von Gegenständen

Ugo Brilli

Ugo Brilli wird 1922 geboren und wächst in der Toskana auf. Mit 21 Jahren zieht ihn im Mai 1943 die italienische Armee zum Militärdienst ein. Im September desselben Jahres tritt Italien mit der Absetzung Mussolinis aus dem Krieg aus. Wehrmachtssoldaten nehmen daraufhin alle italienischen Militärangehörigen fest, so auch Ugo Brilli. Weil er sich, wie viele andere italienische Soldaten auch, weigert für Hitler und Mussolinis Marionettenstaat weiterzukämpfen, deportiert ihn die Wehrmacht in ein Kriegsgefangenenlager im brandenburgischen Luckenwalde. Von dort kommt Ugo Brilli als Zwangsarbeiter nach Berlin.

Bei Siemens muss er Trümmer räumen, später arbeitet er in einer Tischlerei. Zu Beginn seiner Gefangenschaft wiegt Ugo Brilli 71 kg, am Ende nur noch 48 kg. Brilli wird 1944 zwar aus der Kriegsgefangenschaft entlassen, muss als ziviler Zwangsarbeiter jedoch in Berlin bleiben. Er kommt in ein Zwangsarbeiterlager nach Berlin-Weißensee. Dort rettet ihm die Arbeit als Küchenhilfe das Leben. Durch großes Glück überlebt er einen Bombenangriff auf das Lager, bei dem 53 seiner Kameraden im Lager umkamen.

Ende 1944 wird Brilli im GBI-Lager Nr. 75/76 in Schöneweide untergebracht. Auch hier arbeitet er als Küchenhilfe. Die Kampfhandlungen der letzten Kriegstage verbringt er im Luftschutzkeller. Als die Versorgung zusammenbricht, beschließt Brilli in den benachbarten Kellern nach Essbarem zu suchen. Kurz darauf wird er von der Roten Armee befreit.

Im September 1945 kehrt Ugo Brilli schwer an Typhus erkrankt zu seiner Familie nach Italien zurück. Er heiratet und bekommt zwei Kinder. Heute lebt er in Norditalien.

Am 9. Dezember 2019 erhält Ugo Brilli das Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland als Anerkennung für seinen Beitrag zu einer gemeinsamen Erinnerungskultur in Deutschland und Italien.