1945 NS-Zwangslager in Berlin

Zu ende, aber nicht vorbei

Sonntag, 29. April 1945

Emil Hermann GmbH & Co KG: Befreiung Gerardus van den Broek

Während in der Stadtmitte bereits das Rote Rathaus gestürmt wird, rücken sowjetische Truppen im Nordwesten Berlins auf die Ruinen des Schlosses Charlottenburg vor und besetzen den S-Bahnhof Jungfernheide. Am Saatwinkler Damm 42/43 endet für den niederländischen Zwangsarbeiter Gerardus van den Broek der Krieg. Die letzten Nächte hatte er hier in der Fabrik der Emil Hermann GmbH & Co KG verbracht. Seine Unterkunft in der Kreuzberger Obentrautstraße 33 war aufgrund der Kampfhandlungen nicht mehr erreichbar.

1922 im niederländischen Delft geboren, wird van den Broek im Mai 1943 nach Berlin zwangsverpflichtet. Er wird zunächst in das Durchgangslager Rehbrücke in Potsdam geschickt. Die Behörden teilen ihn zur Arbeit in den Werken der Daimler Benz AG in Berlin-Marienfelde ein. Hier wohnt er in unterschiedlichen Unterkünften, Zelten und Baracken. Im August 1943 versucht van den Broek nach einem Luftangriff auf das Lager zu fliehen, wird jedoch in Leipzig aufgegriffen und muss zurück nach Berlin.
Bei einem Bombenangriff im November wird das Lager der Daimler Fabrik vollständig zerstört. Van den Broek muss nun im Büro der 1855 als „Kolonialproduktehandlung“ gegründete Emil Hermann GmbH am Saatwinkler Damm arbeiten. Er wohnt in einer Wohnung der Firma in der Obentrautstraße. Hier befindet sich auch die Verwaltung der Gedelag AG (Gemeinschaft Deutscher Lebensmittelgrosshandler). Zur Arbeit gelangt van den Broek mit den öffentlichen Verkehrsmitteln.

Ein interessantes zeithistorisches Dokument stellt van den Broeks Notizbuch aus der Zeit in Berlin dar. Hier dokumentiert er von Mai 1943 bis Anfang April 1945 genauestens das Datum von Luftalarmen und -angriffen, außerdem sämtliche in Berlin erhaltene Päckchen und den Verlust persönlicher Gegenstände nach Bombengriffen.

Nach seiner Rückkehr zu Fuß erreicht Gerardus van den Broek am 16. Juni 1945 die Niederlande. Drei Tage später kehrt er in seine Heimatstadt Delft zurück. 

(Quelle: Bericht von Ton van den Broek)