1945 NS-Zwangslager in Berlin

Zu ende, aber nicht vorbei

Maria Kiciuk berichtet von ihrem Leben nach Kriegsende

Maria Kiciuk

Maria Kiciuk (geb. Kocur) entstammt einer wohlsituierten Familie aus Strilky, damals in der Westukraine. Ihre Eltern lernen sich in Yonkers, USA, kennen, wohin der Vater 1909 und die Mutter 1911 emigriert waren. Nach der Rückkehr in die Ukraine kauft die Familie ein Stück Land und einen Hof. 1939, zu Beginn des Zweiten Weltkriegs, wird die polnisch besetzte Westukraine von der Sowjetunion annektiert. Marias Familie wird enteignet und muss ihr Haus verlassen. Es gelingt ihnen sich für eine Zeit bei Verwandten zu verstecken. Nachdem deutschen Truppen 1941 die Westukraine eroberten, kehrt die Familie auf ihren Hof zurück.

Im Frühling 1944 fliehen die Eltern mit ihren vier Kindern erneut vor der herannahenden sowjetischen Front. Nahe Uschhorod wird der Flüchtlingstreck von deutschen Truppen aufgehalten, die Pferdegespanne werden konfisziert und Menschen auf Züge verladen. Maria und ihre Familie gelangen zunächst in ein Zwangsarbeitslager bei Linz, schließlich nach Berlin. Hier verbringt Maria Kiciuk den Tag mit anderen Kindern in einer Baracke auf dem Lagergelände der Pertrix-Batterienfabrik. Sie selbst muss keine Zwangsarbeit leisten, ihr 17-jähriger Bruder Theodor sowie ihre Eltern hingegen schon.

Im Angesicht der herannahenden Front und aus Furcht vor den sowjetischen Besatzern, gelingt der Familie schließlich mit Unterstützung eines „ukrainischen Hilfskomitees“ die Flucht durch ein Loch im Zaun und die Weiterreise nach Erlangen. Dort erlebt Maria das Kriegsende.

Nach der Befreiung durch amerikanische Truppen kommt die Familie zunächst in einem Displaced Persons Lager unter. Hier kann Maria zunächst ein ukrainisches Gymnasium, später auch eine deutsche Hochschule besuchen.

1949 emigriert Familie Kocur in die USA, wo Maria in Linguistik promoviert. 1953 heiratet sie Jaroslaw Kiciuk, sie bekommt sechs Kinder. Heute lebt Maria Kiciuk in Yonkers, USA.