1945 NS-Zwangslager in Berlin

Zu ende, aber nicht vorbei

Donnerstag, 26. April 1945

Flughafen Tempelhof: Zwangsarbeit für die Rüstung

Am 26. April 1945 dringen sowjetische Truppen in Neukölln bis zum Hermannplatz vor und nehmen den Flughafen Tempelhof ein. Der Arbeitsbetrieb auf dem Flughafengelände war erst am Tag zuvor vollständig eingestellt worden. Zum Zeitpunkt der Befreiung befinden sich noch Hunderte Zwangsarbeiter*innen auf dem Flughafenareal. Bis zum Schluss mussten sie für die deutsche Luftfahrtindustrie und die Rüstungsproduktion des NS-Regimes in den Flugzeugfabriken des Flughafens arbeiten. Viele von ihnen lebten bis zum Kriegsende unter menschenunwürdigen Bedingungen, in mehreren von Stacheldraht umzäunten Barackenlagern auf dem Gelände. Andere waren in Gemeinschaftsunterkünften außerhalb des Flughafens untergebracht.

Der ehemalige Zwangsarbeiter Karel Kincl erinnert sich: „Wir haben fast drei Wochen nur auf den Brettern der Bettgestelle geschlafen, ungewaschen, unrasiert, in Arbeitskleidung, und in dem, was von unserer Kleidung übrig geblieben war… Diejenige, die zu Erkältungen neigten, bekamen natürlich Fieber, Entzündungen der Atemwege und ähnliche Krankheiten.“

Sie alle arbeiteten unter extremen Druck in der Produktion der „Deutschen Lufthansa“ und der „Weserflug“. Für die westeuropäischen Zwangsarbeiter*innen dauerten die Tag- und Nachtschichten in der Regel 12 Stunden, für die verschleppten „Ostarbeiter*innen“ teilweise bis zu 36 Stunden. Gestapo-Verhöre und Schläge waren an der Tagesordnung.

Ende 1943 zerstörten schwere Bombenangriffe viele Baracken und einen Teil des alten Flughafengebäudes. In der Nacht vom 26. zum 27. April 1945 endet die Ausbeutung der Zwangsarbeiter*innen in Tempelhof – fast alle stehen nun jedoch vor neuen Herausforderungen: die Suche nach etwas Essbarem, nach Wasser und nach sicheren Schlafplätzen. Nicht wenige machen sich zu Fuß auf den Weg nach Hause.
Seit den 1990 Jahren wird die Geschichte der Zwangsarbeit auf dem Tempelhofer Flughafen von zivilgesellschaftlichen Initiativen aufgearbeitet. Seit einigen Jahren finden auch archäologische Grabungen auf dem Gelände statt. Unter anderem dieses Thema behandelt die neue Wechselausstellung des Dokumentationszentrums NS-Zwangsarbeit „Ausgeschlossen. Archäologie der NS-Zwangslager.“

(Quelle: Karel Kincl, Brief an Berliner Geschichtswerkstatt, Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit, Sammlung Berliner Geschichtswerkstatt)