1945 NS-Zwangslager in Berlin

Zu ende, aber nicht vorbei

Sonntag, 1. April 1945

Groß-Berlin (...) bildet ein einziges Lager

„Zu jener Zeit war Berlin mit Holzbaracken nur so  überzogen … In jeder noch so kleinen Lücke der Riesenstadt hatten sich Fluchten brauner, teerpappegedeckter Fichtenholzquader eingenistet. Groß-Berlin, das heißt Berlin mit seinen Außenbezirken, bildet ein einziges Lager, ein meilenweites Lager, das sich zwischen den festen Bauten, den Denkmälern, den Bürohäusern, den Bahnhöfen, den Fabriken hinkrümelt.“


So beschrieb der ehemalige französische Zwangsarbeiter und spätere Mitbegründer der Satire-Zeitschrift "Charlie Hebdo", François Cavanna, nach dem Krieg die Situation in Berlin.

Rund 3.000 Sammelunterkünfte gab es im ganzen Stadtgebiet. Als Berlin am 2. Mai 1945 vor der Roten Armee kapitulierte, befanden sich etwa 370.000 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus ganz Europa in der Stadt. Die meisten von ihnen waren gegen ihren Willen nach Deutschland verschleppt worden. Sie arbeiteten in der Rüstungsindustrie, in kleineren und mittleren Betrieben jeglicher Art, für die Kirchen, den Magistrat und die Bezirke, in Privathaushalten.
Während Zwangsarbeit vor dem Zweiten Weltkrieg vor allem auch als Mittel der Diskriminierung und Verfolgung bestimmter Bevölkerungsgruppen diente, so etwa Jüdinnen und Juden, Sinti/Sintezza, Roma/Romnija sowie als „asozial“ Diskriminierte, wurden im Verlauf des Krieges immer mehr "Zivilist*innen" aus ganz Europa zur Zwangsarbeit nach Berlin verschleppt. 

Viele Zwangsarbeiter*innen in Berlin erlebten das Frühjahr 1945 als Befreiung. Die meisten westeuropäsichen Zivilarbeiter*innen konnte noch im Sommer 1945 in die Heimat zurückkehren. Eine große Zahl ehemaliger „Ostarbeiterinnen“ und „Ostarbeiter“ hingegen musste sich in so genannten „Prüf- und Filtrationslagern“ des sowjetischen Geheimdienstes umfangreichen Verhören unterziehen. Nicht wenige wurden in Straflager verschleppt. Andere wiederum rekrutierte die Rote Armee noch vor Ort in die eigenen Reihen.